DAV fordert Retaxfreiheit für E-Rezepte bis Ende 2024

Seit Jahresbeginn hat die Anzahl der verordneten E-Rezepte deutlich
zugenommen. Durch die neu hinzu gekommene E-Rezept-Pflicht für
Arztpraxen hat sich die Zahl der ausgestellten E-Verordnungen seit
dem 1. Januar um rund 15 Millionen gesteigert. Einige Arztpraxen sind
noch unsicher im Umgang mit dem neuen System, außerdem gibt es
Probleme bei den ärztlichen Signaturen und dem Ausfüllen von
Freitextfeldern auf E-Rezepten. Anke Rüdinger, Stellvertretende
Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes
(DAV), zieht das folgende Fazit: „Der Anteil der E-Rezepte, die auf
dem Verordnungsweg oder im Abgabeprozess komplett hängenbleiben, ist
minimal. Trotzdem gibt es noch zu oft Schwierigkeiten, die die Arbeit
der Apothekenteams in Zeiten der Lieferengpass-Krise zusätzlich
erschweren und die Versorgung der Patientinnen und Patienten
verlangsamen.“

„Wenn Ärzte für die Signatur der Verordnungen beispielsweise die
sogenannte Stapelsignatur verwenden, können die E-Rezepte teils erst
mehrere Stunden nach dem Arztbesuch in der Apotheke abgerufen werden.
Bei der Eintragung der ärztlichen Berufsbezeichnung kommt es häufig
zu Fehlern in den Datensätzen der Verordnungen, die gegebenenfalls
eine Neuausstellung erforderlich machen. Damit sich die Situation für
die Patientinnen und Patienten schnell verbessert, stehen wir derzeit
sowohl mit dem
Bundesgesundheitsministerium, der gematik, aber auch mit der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Kontakt“, so Rüdinger.

Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass zwei Allgemeine
Ortskrankenkassen (AOKn) darauf verzichten, E-Rezepte, bei denen die
Berufsbezeichnung fehlt oder unkorrekt angegeben ist, zu retaxieren,
den Apotheken also die Vergütung dafür zu streichen. Rüdinger dazu:
„Es darf nicht passieren, dass die ohnehin schon wirtschaftlich unter
Druck stehenden Apotheken auf ihr Honorar verzichten müssen, weil die
Arztpraxen bei der Implementierung des E-Rezept-Systems fehlerhafte
Verordnungen
ausstellen. Wir begrüßen es daher sehr, dass zwei große Krankenkassen
nun darauf verzichten, E-Rezepte in diesen Fällen zu beanstanden.“
Die DAV-Vizechefin fordert nun: „Es wäre sehr hilfreich, wenn sich
das gesamte Krankenkassenlager dem anschließt und in der Startphase
des E-Rezeptes gänzlich auf Retaxationen verzichtet. Eine solche
Friedenspflicht sollte mindestens bis Ende 2024 andauern und
verlängert werden, wenn sich die Fehleranzahl bis zum Ende des Jahres
nicht deutlich verringert hat.“

Was die grundsätzliche Stabilität der Versorgung betrifft, zeigt sich
Rüdinger zuversichtlich: „Schon in der Pandemie haben die Apotheken
beispielsweise beim Aufbau von Testzentren, den Impfzertifikaten und
der Herstellung von Desinfektionsmitteln gezeigt, wie flexibel und
schnell sie auf Notstände und Systemänderungen reagieren – auch beim
E-Rezept zeigt sich, dass die Apotheken, teilweise allerdings mit
großem Mehraufwand, die Arzneimittelversorgung trotz eines gesamten
Systemumbruchs
aufrechterhalten. Sollten sich einzelne Patientinnen und Patienten
trotzdem noch unsicher fühlen, können sie ihren Arzt oder ihre Ärztin
jederzeit nach einem Ausdruck des E-Rezeptes fragen – die Arztpraxen
sind gesetzlich dazu verpflichtet, auf Wunsch der Patientinnen und
Patienten solche Ausdrucke zur Verfügung zu stellen.“

Foto: ABDA/DAV, Fotograf: Erik Hinz