Ermittlung wegen Verstosses gegen das Bundesdatenschutzgesetz

Ennigerloh (Be.) Anfang 2023 verstarb plötzlich und unerwartet eine ehm. Ennigerloher Ärztin (Ennigerloh-Aktuell.de berichtete), die eine Hausarztpraxis auf der Bahnhofstrasse im Ärztezentrum KASA betrieb.
Nach dem Tod war die Praxis monatelang geschlossen, lediglich 2 Arzthelferinnen räumten stundenweise die Praxis auf und vernichteten ordnungsgemäß Akten, deren Aufbewahrungspflicht überschritten war. (Die Hausärztin hatte die Praxis vom Vorgänger übernommen, daher befinden sich noch immer „alte“ >analoge< Patientenakten im Keller.)
Die Arzthelferinnen wurden stundenweise über Monate hierfür vom Ehemann der verstorbenen Hausärztin beschäftigt, welcher selber als Arzt in einem Krankenhaus in der Umgebung tätig ist.
Optional suchte man intern einen „neuen“ Arzt für die Praxisräume und das Inventar.

Ein neuer Arzt wurde dann auch tatsächlich, nach vielen Gesprächen, gefunden. Er übernahm die Praxisräume an der Bahnhofstrasse und offensichtlich auch alle Patientenakten und das Personal einer anderen ehem. Arztpraxis aus Ennigerloh, die zuvor von einem Ehepaar betrieben wurde.
Auch vom Förderprogramm (10.000 Euro) profitiert er bereits, gab Bürgermeister Berthold Lülf bereits auf Nachfrage von Norbert Kirchhoff (FDP) aus dem Jahr 2023 bekannt. Damit will die Stadt einer drohenden hausärztlichen Unterversorgung entgegenwirken.
Die Ansiedlung von Hausärzten ist ebenfalls von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe und vom Land NRW mit hochattraktiven Förderansätzen hinterlegt.

Nachdem der neue Arzt die Praxis wieder eröffnet hat, rief ein ehem. Patient der verstorbenen Hausärztin dort an, um einen Termin zu bekommen. Dieser staunte nicht schlecht, als ihm direkt am Telefon sein Geburtsdatum genannt wurde, verbunden mit der Frage, ob ER dies sei.
Dies bejahte der Patient und fragte, woher man denn offensichtlich seine Daten habe, da er weder Patient bei dem Ärzteehepaar war, welches die Praxis aufgegeben und die Patienten an den neuen Arzt übergeben hat, noch war er bislang bei dem neuen Arzt.
Ihm wurde erklärt, dass er wahrscheinlich Patient der verstorbenen Hausärztin gewesen sei.
Diese Daten habe man auch in der EDV!
(Anm. d. Patienten: Und sehr offensichtlich problemlos Zugriff auf diese Daten!)

Ein Patient, der mindestens bedingt seine Rechte kennt weiss, dass er ein Selbstbestimmungsrecht hat. Jede/r Patient/in kann selber bestimmen, was mit seinen/ihren  Patientendaten geschehen darf und was nicht.

In einem persönlichen Gespräch hat der neue Arzt bereits im Oktober 2023 zugegeben, nicht nur die Praxiseinrichtung übernommen, sondern auch sämtliche Patientenakten der verstorbenen Hausärztin, über die EDV, „erhalten“ zu haben. Er behauptet zwar, hierauf ohne die Einwilligung der jeweiligen Patienten keinen Zugriff auszuüben, offensichtlich scheint dies jedoch schon bei einer möglichen Anmeldung (mindestens beim Geburtsdatum) zu scheitern.
Patienten werden in der Praxis aufgefordert, nachstehende Einverständniserklärung zu unterzeichnen. Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass hierauf kein Name der Praxis und/oder des Arztes verzeichnet sind.


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Zur Klärung und Verfolgung des Vorgangs erstattete ein Patient gegen den neuen Arzt, wie auch den Ehemann der verstorbenen Hausärztin bereits im Oktober 2023 Strafanzeige und Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Münster (Aktenzeichen: 30 Js 1043/23), wegen
„Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht des Patienten“ – Berufspflichtverletzung,
Übergabe/Erhalt von Patientenakten ohne Einwilligung der Patienten, sowie aller in Frage kommenden Delikte.
(Der Paragraph 203 des Strafgesetzbuches (StGB) definiert eindeutig, dass eine derartige Weitergabe ohne die unmissverständliche Einwilligung (§183 BGB) des Patienten unzulässig ist.)

Nach Prüfung des Vorgangs ermittelt die Staatsanwaltschaft Münster nun wegen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (neues Aktenzeichen 540 JS 101/24).